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Informationen - Arbeitsrecht bei Unfall

Haftungsbeschränkung bei Arbeitsunfall
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Im Betrieb geschehen immer wieder Arbeitsunfälle, bei denen sich Arbeitnehmer verletzen. Z.T. werden diese Arbeitsunfälle selbst, z.T. von Arbeitskollegen, z.T. aber auch vom Arbeitgeber verursacht.

Gleichwohl hat der Gesetzgeber für Betriebsunfälle die Haftung für Verursacher massiv auf die Leistungen der Berufsgenossenschaft beschränkt.

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Der Fall:

Lagerarbeiter Siegfried
aus dem Odenwald läuft fröhlich beschwingt zur Kantine, als ihn sein Disko-Konkurrent und Gabelstaplerfahrer Hagen von Tronje gerade noch im linken Augenwinkel erblickt. Hagen von Tronje reißt seinen Gabelstapler herum, um Siegfried auszuweichen. Durch den fahrtechnisch bedingten großen Bogen erfaßt er aber noch den rechten Vorderfuß des Siegfried. Er überfährt den Fuß mit der Folge eines Mittelfußtrümmerbruches.

Für das nächste halbe Jahr befindet sich Siegfried nicht in der Disco, sondern im Krankenhaus. Er begehrt Schadenersatz und Schmerzensgeld von Hagen. Hagen von Tronje dagegen beschuldigt den Arbeitgeber Etzel, weil dieser einen Gabelstapler mit schlechtem Wendekreis eingesetzt habe. Am nächsten Tag geht Hagen von Tronje nach Arbeitsschluß auf den Betriebsparkplatz zu seinem Auto.

Auf dem Weg dorthin wird er von dem ausbiegenden Arbeitskollegen Volker von Alzey und seinem PKW erfaßt. Die Folge war ein Beckenbruch mit ebenfalls 6 Monaten krankheitsbedingtem Ausfall.
Hagen will seinerseits nun Schadenersatz und Schmerzensgeld von Volker von Alzey und vom Arbeitgeber Etzel, der den Betriebsparkplatz nicht ausreichend gesichert habe.

Die Lösung

1. Haftungsbeschränkung bei Arbeitsunfällen

Bei Arbeitsunfällen
wird die Haftung sowohl des Arbeitgebers wie auch der Arbeitskollegen nach den §§ 104, 105 Sozialgesetzbuch VII massiv eingeschränkt. Sofern sie einen Betriebsunfall verursachen, haften sie gegenüber dem verletzten Arbeitnehmer desselben Betriebes nur dann, wenn sie den Betriebsunfall vorsätzlich herbeigeführt haben. Im Übrigen haftet dem Geschädigten die Berufsgenossenschaft nach den entsprechenden berufsgenossenschaftlichen Vorschriften.

Der Sinn und Zweck der Haftungseinschränkung besteht darin, Haftungsstreitigkeiten unter den Betriebsangehörigen im Interesse des Betriebsfriedens zu vermeiden. Es sollen auch entsprechende Streitigkeiten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vermieden werden. Der Arbeitgeber, der den Unfallversicherungsschutz aus seinen Mitteln finanziert, soll aus diesem Grunde nach den Regeln über den innerbetrieblichen Schadensausgleich entlastet werden.

Dafür erhält der Verletzte Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung auch in den Fällen, in denen der Arbeitskollege oder der Arbeitgeber nicht oder nicht voll haften würde.

Wichtig: Diese Haftungsbeschränkungsregelung der §§104, 105 SGB VII gilt nur dann, wenn es sich um Arbeitgeber und Arbeitnehmer eines Betriebes handelt. Die Haftungsbeschränkung würde dann nicht gelten, wenn z.B. Volker von Alzey der Fahrer einer fremden Spedition gewesen wäre. Inwieweit die Haftungsbeschränkung dann gilt, wenn z.B. Hagen von Tronje als Gabelstaplerfahrer ein Fremdarbeiter einer Drittfirma gewesen wäre, der Arbeiter im Betrieb eingegliedert ist, muß ggf. noch gerichtlich geklärt werden.

2. Folgen der Haftungsbeschränkung

Diese gesetzliche Haftungsbeschränkung auf die Versicherungsleistungen der gesetzlichen Unfallversicherung / Berufsgenossenschaft hat zunächst für den Arbeitnehmer den Vorteil, daß er einen sicheren Haftungsschuldner hat, der in jedem Falle etwaige Ansprüche befriedigen kann. Sofern der Arbeitskollege haften würde oder der Arbeitgeber, ist dies im Einzelfall durchaus nicht selbstverständlich.

Der Nachteil besteht darin, daß die Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung ggf. niedriger sind, als Schadenersatzansprüche wären, die vor Gericht ausgetragen würden. Dies gilt insbesondere für die ausgeschlossenen gesetzlichen Vorschriften der §§ 823, 847 BGB, d.h. dies gilt insbesondere für Schmerzensgeldansprüche. Diese sind mit dieser Vorschrift ausgeschlossen.

Schmerzensgeldansprüche können nur geltend gemacht werden, wenn bei Hagen von Tronje gegenüber Siegfried oder bei Volker gegenüber Hagen Vorsatz im Spiel war und nachgewiesen wird.

Siegfried aus dem Odenwald vermutet stark, daß bei dem Gabelstaplerunfall, verursacht durch seinen Disco-Rivalen Hagen, Vorsatz im Spiel gewesen sein könnte, zumindest aber grobe Fahrlässigkeit. Im Prozeß müßte Siegfried dann den Vorsatz des Hagen beim Gabelstaplerunfall nachweisen. Dies ist anhand der Gegebenheiten normalerweise nahezu ausgeschlossen.

Die durch einen Betriebsunfall verletzten oder geschädigten müssen deshalb wegen ihres Personenschadens (Körperverletzung, Krankenkosten und Schmerzensgeld) sich sowohl bei leichter Fahrlässigkeit, bei normaler Fahrlässigkeit, wie auch bei grober Fahrlässigkeit an die gesetzliche Unfallversicherung / Berufsgenossenschaft halten. Ein Schadenersatzanspruch gegenüber dem Arbeitskollegen wie gegenüber dem Arbeitgeber ist ausgeschlossen.

Dies gilt auch für das Argument von Hagen, daß Arbeitgeber Etzel Gabelstapler mit schlechtem Wendekreis zur Verfügung stelle. Dadurch ist keine vorsätzliche Schadensverursachung herbeigeführt worden.

3. Sachschaden

Von dieser Haftungsbeschränkung nicht erfaßt wird ein Sachschaden. Ein eventueller Sachschaden, z.B. an der Kleidung, am Auto oder am sonstigen Eigentum des Arbeitgebers oder Arbeitnehmers muß nach den allgemeinen Schadenersatzregeln vom jeweiligen Schädiger ausgeglichen werden. Danach ergibt sich eine Haftung auch bei Fahrlässigkeit und grober Fahrlässigkeit.
Nur bei der Haftung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist die Arbeitnehmerhaftung nach den Grundsätzen der Betriebsrisikolehre bei leichtester Fahrlässigkeit ausgeschlossen.

4. Begriff der betrieblichen Tätigkeit

Als Hagen von Tronje den Siegfried umfuhr, lag zweifelsfrei eine betriebliche Tätigkeit vor. Wenn Siegfried keinen Vorsatz seines Diskorivalen nachweisen kann, wird Hagen für seine Tat schadenersatzrechtlich nicht belangt, mit Ausnahme des Sachschadens, z.B. des kaputtgefahrenen Schuhes von Siegfried.

Viel problematischer ist die Frage, ob der Unfall zwischen Volker von Alzey und Hagen auf dem Betriebparkplatz eine betriebliche Tätigkeit war. Nach § 105 SGB VII i.V.m. § 8 Abs. 2 SGB VII ist nämlich der Weg von der Arbeit und zur Arbeit nicht von diesem Haftungsprivileg umfaßt. Sowohl Hagen wie auch Volker waren auf dem Nachhauseweg.
Nach der Rechtsprechung ist gleichwohl eine betriebliche Tätigkeit auch dann noch gegeben, wenn Hagen und Volker nach Hause fahren wollten und deshalb auf den Betriebsparkplatz gingen. Es gilt jedenfalls, solange sich der Betriebsparkplatz auf dem Betriebsgelände befindet.

Achtung: Die Haftungsbeschränkung gilt dann nicht, wenn die Arbeitnehmer außerhalb des Betriebsgeländes auf freien Parkplätzen z.B. auf öffentlichen Parkplätzen parken und dabei ein Unfall geschieht. Hierbei handelt es sich dann um einen sog. Wegeunfall, nicht um einen Betriebsunfall.

Nach der Rechtsprechung stellt das Verlassen des Arbeitsplatzes einschließlich des Weges auf dem Werksgelände (sog. Betriebsweg) bis zum Werksausgang wegen des engen Zusammenhangs mit der eigentlichen Arbeitsleistung eine betriebliche Tätigkeit dar. Auf dem abgegrenzten Werksgelände besteht die allgemeine Betriebsgefahr und nicht nur das allgemeine Wegerisiko.
Aus diesem Grunde kann Hagen von Tronje den Unfallverursacher Volker von Alzey mangels nachweisbarem Vorsatz nicht für den Personenschaden und für Schmerzensgeld haftbar machen.

5. Checkliste

Stark eingeschränkte Haftung von Arbeitnehmern und Arbeitgeber bei Betriebsunfällen
§§ 104, 105 SGB VII: Bei Personenschäden haftet alleine die Berufsgenossenschaft / gesetzliche Unfallversicherung, wenn:
kein Vorsatz beim Unfallverursacher (Arbeitskollegen, Arbeitgeber) vorliegt oder nachgewiesen ist.
Dann haftet der betriebliche Verursacher nicht.
Haftung nur für Sachschäden nach allgemeinen Grundsätzen.
Ausschluß von Schmerzensgeldansprüchen gegenüber Berufsgenossenschaft.
Haftungsbeschränkung nur bei betrieblicher Tätigkeit (nicht bei Teilnahme im allgemeinen Straßenverkehr)
Keine Haftungsbeschränkung bei fremden Arbeitnehmern, die nicht in den Betrieb eingegliedert sind.

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